Mittwoch, 2. November 2011

Sex and Strategy



Als alte Nachteule sehe ich gerade zum ersten Mal auf deutsch den “Sex and the City”-Film (vorher bin ich natürlich total legal nach NYC zur Premiere geflogen), und muss mich doch fragen, warum diese ganze Serie für uns Mädels so ein Kult geworden ist. Ich gebe es gerne zu: Ich habe jede Folge mehrfach gesehen, und meinen Freund oft genug mit Zitaten genervt. Die ganze Geschichte ist einfach amüsant, aber ich bin mehr als beunruhigt, falls unsere Definition von “moderner Frau” tatsächlich deckungsgleich mit den Abenteuern von Carrie & Co. sein sollte. Die ganze Kulisse ist bunt und abgefahren, ebenso die Kleiderwahl, und rein finanziell hätte es keines der Mädels nötig gehabt, seine weitere Lebensplanung in irgendeiner Form von einem männlichen Ernährer abhängig zu machen.
Als wir Teenager waren, haben meine Freundinnen und ich manchmal das “wer-sind-wir-aus-Sex-and-the-City”-Spiel gespielt (wer meinen Blog kennt, wird nicht überrascht sein, dass Tina immer zir Charlotte gewählt wurde). Ich hingegen war ziemlich geflasht, regelmässig zur Samantha ernannt zu werden (obwohl ich damals noch ziemlich anständig war).
Der Hauptcharakter der Serie, Carrie Bradshaw, hat allerdings in meinen Augen all die Eigenschaften, die uns Mädels immer wieder als schwach, unfähig und incurably romantic darstehen lassen. Ihre Betrachtungen über das Single-Leben sind bestenfalls amüsant, oft extrem oberflächlich, meistens widersprüchlich, und spiegeln im Endeffekt ein hoffnungslos veraltetes Rollenbild wieder.
Gerade im Film:
Big: “Ich kann das nicht.” Carrie dreht durch. Zwei Minuten später treffen sie sich auf der Strasse wieder, er entschuldigt sich und will heiraten. Ihre vollkommen irrationale Reaktion: Sie haut ihm den Brautstrauss auf den Kopf und rennt davon.
Danach wird erstmal monatelang gelitten, weil sich überraschenderweiser ihre seit dem Alter von zwölf Jahren sorgfältig gepflegten Prinzessinnen-Traumhochzeit-Fantasien nicht perfekt erfüllt haben.
Während Carrie noch in ihrem “Mexikoma” dahinvegetiert, scheint es sie vollkommen aus den Manolos zu hauen, dass Samantha und Miranda tatsächlich imstande sind, sich um ihren zukünftigen Umzug in ihre alte Wohnung zu kümmern (“ihr zwei könntet die Welt regieren”). Mal ganz ehrlich: Wer als Frau nicht fähig ist, sich allein eine Wohnung, ein Auto, eine Versicherung und einen Mobilfunkanbieter zu besorgen, sollte sich lieber ganz schnell eine Zeitmaschine ins Mittelalter besorgen.
So, fürs Erste genug kritisiert.
Können wir denn aus dem ganzen Elend irgendetwas lernen?
Carrie immerhin kommt gegen Ende zu dem überraschend selbstkritischen Schluss, dass sie Big in eine Schublade gepresst hat, die er von Anfang an abgelehnt hat. Zugegeben, sie hat ihn geschickt zur Hochzeit manipuliert, was vor allem aus praktischen Überlegungen heraus für sie sinnvoll war, aber anstatt ihren Triumph leise zu geniessen, muss sie das Ganze bis zur Unkenntlichkeit aufbauschen und ihn möglichst weit vonhdem wegdrängen, was er für seinen Charakter hält.
Das können wir besser.
Wenn wir einen Mann dazu kriegen wollen, etwas zu tun, was er eigentlich ablehnt, wie eine feste Beziehung oder einen Besuch bei den zukünftigen Schwiegereltern, müssen wir ihn nicht nur davon überzeugen, dass dies zu seinem Besten geschieht, sondern er sollte am Besten noch das Gefühl haben, es sei seine Idee gewesen. Sobald wir die Dinge zu klar aussprechen (und noch mit girligem Gemecker verzieren), kann er gar nicht anders, als seine Abwehrmechanismen hochzufahren und alles abzulehnen, was ihr vorschlagt. Viel geschickter ist es, die eigentliche Streitfrage als dein ganz persönliches Problem zu formulieren, bei dem er dir dann seine geniale Lösung anbieten kann. Wenn Carrie Mr Big ihre Unsicherheit bezüglich ihrer Wohnungssituation darlegt, kann er gar nicht anders, als ihr die Heirat anzubieten. Sobald sie ihn aber in eine Mega-Mörder-Feier drängt, aktiviert sich seine Selbstschussanlage.
Noch ein Beispiel: Wenn du willst, dass dein Kerl mehr Zeit mit dir allein verbringt, mach ihm klar, wie schwierig es für dich ist, dein Wochenende zu organisieren, ohne gleich total verplant zu sein: “Ich würd dich ja gerne mal sehen, aber jetzt haben mich Linda und Jessy schon wegen Samstag und Sonntag gefragt... und da wir beide ja nichts vorhaben...”
Möglicherweise kapiert er den Wink mit dem Zaunpfahl nicht gleich, aber wenn du das Ganze konsequent durchziehst, wird er schnell kalte Füsse kriegen, und dich so rechtzeitig wie möglich für sich selbst reservieren.
Erwartet bitte keine filmreife Romantik; der echte Mr Big hätte längst die Nase voll von Carries kindischem Gezicke; Männer ausserhalb von Romanen und Sitcoms sind hingegen heilfroh, wenn die Frau ihnen klar zeigt, wie sie sich angebracht verhalten können. Liebe besteht nicht unbedingt aus den fantastisch romantischen Gesten, sondern vielmehr in der Bereitschaft, sich vom Andern lieben zu lassen – innerhalb seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten, die wir ihm manchmal einfach aufzeigen müssen.

In diesem Sinne,
Go Girl, go!
Eure Catherine